Besonders hervorzuheben ist das starke Worldbuilding: Die keltischen und irischen Sagen, die fein in die Handlung eingeflochten sind, geben der Geschichte eine zusätzliche Tiefe. Oft entfalten sich ihre Bedeutungen erst viel später, sodass man beim Lesen immer wieder kleine Aha-Momente erlebt. Die düstere Stimmung, das Spiel mit Licht und Schatten und die politischen Spannungen zwischen den Jahreszeiten-Königen geben der Welt eine epische Dimension.
Kierse ist keine strahlende Heldin, sondern eine Überlebenskünstlerin: frech, mutig, clever und zutiefst verletzlich. Ihre Perspektive bringt viel Dynamik in die Geschichte, denn sie ist nicht nur eine brillante Diebin, sondern auch jemand, der sich und anderen ständig etwas beweisen will. Ihre innere Zerrissenheit – zwischen Überlebenswille, Loyalität und wachsender Zuneigung zu einem Monster – macht sie zu einer starken und glaubwürdigen Protagonistin. Graves ist das perfekte Gegenstück zu Kierse: geheimnisvoll, mächtig und schwer zu durchschauen. Seine düstere Ausstrahlung erinnert an klassische „Schöne und das Biest“-Vibes, und doch steckt so viel mehr dahinter. Zwischen den beiden entwickelt sich eine langsame, spannungsgeladene Beziehung – geprägt von gegenseitigem Misstrauen, vorsichtiger Nähe und tiefen, unausgesprochenen Gefühlen. Kein klischeehafter Insta-Love, sondern ein echtes Annähern zweier verletzter Seelen.
Die Handlung ist durchweg spannend: gefährliche Missionen, uralte Artefakte, doppelte Böden und überraschende Wendungen sorgen dafür, dass man das Buch kaum aus der Hand legen kann. Auch die romantische Ebene ist gelungen – nicht zu dominant, aber intensiv und atmosphärisch. Es gibt durchaus „Spice“, aber immer passend zum Kontext und nie überladen. Einzig das Ende wirkt auf manche Leser:innen vielleicht etwas dramatisch zugespitzt – hier wurde der Spannungsbogen sehr stark gespannt, was gleichzeitig Vorfreude auf den nächsten Band weckt.
Insgesamt ist The Wren in the Holly Library düstere Romantasy vom Feinsten: atmosphärisch, originell, emotional und packend. Wer Urban Fantasy mit mythologischen Einflüssen, komplexen Figuren und spannungsgeladener Romantik liebt, wird dieses Buch verschlingen. Kierse und Graves wachsen einem ans Herz – und ihre Welt lässt einen nicht mehr los.
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